Woke up Blind
Die songs „You and I“ und „The way young lovers do“ des jung und tragisch verstorbenen Rockmusikers Jeff Buckley setzen sich auf unterschiedliche Weise mit der Liebe auseinander, der erste langsam und mit stark gedehntem Gesang, der zweite mit schneller, fast hektischer Gitarrenbegleitung. In beiden kommt der außergewöhnliche Stimmumfang des Sängers zur Geltung. Sie bilden die Grundlage für Marco Goeckes neueste Choreographie „Woke up Blind“. Die zwei Tänzerinnen und fünf Tänzer werden in eine Klangwelt hineingezogen, deren Intensität die Wirkung hat, als ob sie von allen Seiten gleichzeitig entzündet würden. Sie scheinen sich im Wettstreit mit Buckleys Stimmgewalt und den frenetischen Gitarrenklängen, vor allem des zweiten Songs, selbst zu übertreffen. Wie „young lovers“ werfen sie sich ohne Rücksicht auf Verluste, nur von Sehnsucht getrieben, ins Geschehen. Sie rütteln nervös an ihren roten Samthosen, wie wenn sie ihr gesamtes Dasein herausschütteln wollten, um es besser zu verstehen. Wieder einmal gelingt es Goecke, durch pure, hochkomplexe Bewegung an die Basis menschlicher Gefühle zu gelangen. Aus dem Hintergrund vom Licht weit entfernter Sterne beleuchtet, ist alle Aktion auf das Jetzt konzentriert, vielleicht blind vor Liebe, jedenfalls stark, weil sie nichts zu hinterfragen braucht.
N.K.
Daten
UA: 04.02.2016, NDT 1, Den Haag
Weitere Einstudierungen:
3.03.2022, Vancouver
14.04.2023, Ballett Mannheim
22.04.2023, Bordeaux
Fotos
Trailer
Publikation

Dark Matter (2016)
Choreografien von Marco Goecke
Hg./Ed. Nadja Kadel
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