I Love You Ghosts
Es ist die elfte Kreation von Marco Goecke für das Nederlands Dans Theater, aber die erste in dem frisch eröffneten Amare. Es riecht neu in dem riesigen Gebäude, schwere Türen verbinden die unzähligen Räume mit den langen Gängen, noch werden hier und da Baugruben zugeschüttet. Beeindruckt schaut man in die lichtdurchfluteten Studios im 2. Stock und natürlich erinnert man sich im selben Moment an die alten Probenräume im Lucent Danstheater, an das vertraute dunkle Studio 5 im Untergeschoss, das keine Fenster hatte, an die vielen Eindrücke, die auch nach dem Abriss noch bleiben. Was ist wohl mit den guten Hausgeistern geschehen? Sind auch sie in das neue Gebäude umgezogen? Fünf Tänzer und vier Tänzerinnen machen sich mit Marco Goecke auf die Suche nach ihnen. Try to remember, singt Harry Belafonte. Die TänzerInnen bewegen sich dazu in rasantem Tempo, spüren durch Goeckes Bewegungssprache nicht nur Dunkles und Unbekanntes auf, sondern auch viele Erinnerungen: vertraute Gesten, die aus früheren Räumen und früheren Stücken wie schützende Geister evoziert werden.
So bringt ein Tänzer eine Tänzerin nach vorne in den Raum, fasst vorsichtig ihre Handgelenke. „Somebody plays you“, sagt Goecke zu ihr in einer Probe. Und später zu einem anderen Tänzer: „Es ist ein bisschen, wie es in Das Geisterhaus heißt: ‚Fass Sie nicht an, sie ist tot‘.“ Wie wenn Goecke Geister heraufbeschwören würde. Und wenn die Tänzer etwas flüstern, das wie „I love you“ klingt, dann ist man nicht mehr sicher, ob sie aus Belafontes Danny Boy den Satz „I love you so“ zitieren oder nicht doch eher „I love you, ghosts“ sagen, um mit den Unsichtbaren in Verbindung zu treten.
Nadja Kadel
Daten
UA: 03.02.2022 NDT 1
Fotos
Trailer
Publikation

Dark Matter (2016)
Choreografien von Marco Goecke
Hg./Ed. Nadja Kadel
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