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Marco Goecke probt für Nijinski

Marco Goecke – Preisträger 2006 des Prix Nijinsky in der Kategorie „Aufstrebender Choreograph“ – hat sich schon einmal mit dieser wohl faszinierendsten und vielschichtigsten Persönlichkeit der Tanzgeschichte beschäftigt. Zum 100. Geburtstag der Ballets Russes im Jahre 2009 entwarf er seine eigene Version von Michel Fokines Pas de deux Le spectre de la rose. Nun wird Goecke den Kosmos Nijinski erstmals in einer groß angelegten, abendfüllenden Choreographie erkunden. Das Theaterhaus Stuttgart ist glücklich, dass er sich zusammen mit den Tänzerinnen und Tänzern von Gauthier Dance auf diese Reise begibt. Eine Kombination, die schon jetzt eines garantiert: künstlerische Wechselspannung.

Das neue abendfüllende Ballett von Marco Goecke erzählt von dem Tänzer und Choreographen Waslaw Nijinski. Das Stück berührt Stationen aus seinem Leben, handelt von den Brettern, die die Welt bedeuten, und zeigt, wie nah Kunst und Wahnsinn beieinander liegen können.

Nijinski war einer der außergewöhnlichsten Künstler des vorigen Jahrhunderts. Als Tänzer verkörperte er Rollen, die Tanzgeschichte schrieben. Seine Partien bei den Ballets Russes unter Sergej Diaghilew, allen voran der Clown in Igor Strawinskis Petruschka, der Geist der Rose in Le spectre de la rose und der goldene Sklave in Scheherazade, gingen in das kollektive Gedächtnis der Tanzwelt ein. Dennoch sind es vor allem seine Choreographien, mit denen er künstlerisches Neuland betrat und Maßstäbe setzte. Der Eklat, den Nijinskis Le sacre du printemps bei dem Pariser Publikum 1913 auslöste, gilt als einer der größten Skandale der gesamten Theatergeschichte. Kaum weniger Anstoß erregte die unverhüllte Erotik in seinem Ballett L'après-midi d'un faune nach Claude Débussy.

Verwoben mit der Karriere ist sein Weg in den Wahnsinn. Er kämpfte gegen Schizophrenie an und musste sich zunehmend aus dem öffentlichen Leben zurückziehen. Nijinski erlebte beide Weltkriege und war als Patient einer Nervenheilanstalt der Bedrohung durch das nationalsozialistische Euthanasieprogramm ausgesetzt, dem er – gemeinsam mit seiner Frau Romola – nur mit knapper Not entkam.

Goeckes Ballett begleitet Nijinski durch die Etappen seines Lebens, zeigt Schlüsselszenen aus seiner Jugend, den Jahren des Triumphs und dem unaufhaltsamen Verfall. Dennoch geht das Stück weit über eine rein biographische Beschäftigung hinaus und zielt auf grundlegende Fragen. Im Mittelpunkt steht der Zauber und der Wert der Kunst – aber auch der Preis, den sie allen künstlerisch Kreativen unnachgiebig abverlangt. Mit im Team sind Partner, mit denen Marco Goecke eine lange Zusammenarbeit verbindet: die Bühnen- und Kostümbildnerin Michaela Springer, der Lichtdesigner Udo Haberland und die Dramaturgin Esther Dreesen-Schaback.

Theaterhaus Stuttgart, T1
Uraufführung am Freitag, 17. Juni 2016 / Samstag, 18. Juni – jeweils um 20:00 Uhr / Sonntag, 19. Juni um 19:00 Uhr / Dienstag, 21. Juni / Mittwoch, 22. Juni / Freitag, 24. Juni / Samstag, 25. Juni – jeweils um 20:00 Uhr / Sonntag, 26. Juni um 19:00 Uhr

(10.04.2016)

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