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Foto und Kritik zu "Suite Suite Suite"

Oscar Cordoba bannt Bewegungen ins Bild, Volkmar Draeger beschreibt mit Worten

Wie sich in einem Vierteljahrhundert die choreografische Bach-Adaption wandelt, bewies in seiner Uraufführung „Suite Suite Suite“ Scholz’ Stuttgarter Nachfahre Marco Goecke. Kaum 15 Minuten zählt sein dicht gepackter Kommentar zur Orchestersuite Nr 4 D-Dur und steckt doch prallvoll an Eigenwillen. Im Gegensatz zu Scholz unterwirft er die Musik selbstbewusst seinem Konzept, das sich, liest man im Programmheft, an Begebenheiten aus Bachs Vita orientiert: dessen langen Überlandmärschen auf Stellungssuche, einer späten Augenoperation mit heißen Äpfeln als Hornhautlösern. Musiklose Teile stehen dazu neben orchesterbegleiteten Passagen. Nur ein Beinpaar gibt am Anfang die Kurtine frei, im Hintergrund trappeln unsichtbare Füße heran, neben denen, vorn angekommen, Stiefel an Schnürsenkeln baumeln. Ein mattes Lichthalbrund mit diffusem Übergang ins Dunkle wird dann Schauplatz all der zuckenden, flackernden Bewegungen, die die Solistin Itziar Mendizabel und ihr exzellentes Herrenoktett in varianter Konstellation nervös, fahrig, teils hektisch aus ihren Körpern herausschleudern. Schnaubende, jaulende, flüsternde Laute begleiten ein Geschehen, das sich jeder hehren Art, Bach zu tanzen, verweigert, fort von der „schönen“, hin zur fast animalischen Form, das mit verdoppeltem oder halbiertem Tempo die künstlerische Intention behauptet. Arme wirbeln wie Windmühlen, breiten sich auffangend zur Seite aus, Körperachsen verlieren ihre Gültigkeit, Kreaturen kämpfen gegen sich selbst, kriechen, den Po hoch, rückwärts nach vorn, ächzen unter Füßen, die über sie steigen. Dem Druck der Zeit unterliegen alle: Zu beiden Seiten rieselt Sand auf halbnackte Leiber. Am Ende glimmen die Tänzer aus der Düsternis auf, lassen nochmals die Schuhe wie Marionetten tänzeln, in einem überraschenden Anflug von Humor abrupt fallen. Das Restlicht erlischt über einer anregenden Arbeit, die jeder für sich deuten wird und die auch durch rubinrot aus der Finsternis aufleuchtende Samtanzüge besticht. Dass das Gewandhausorchester unter Georg Christoph Biller „seinen“ Bach zum Ohrenschmaus adelt, macht den Abend komplett.

Volkmar Draeger zu Suite Suite Suite

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(28.04.2008)

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