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Premierenkritik zu "Giselle" von Paul Julius

Einen großen Abend bereitete die kleine Ballettcompagnie (17 Tänzerinnen und Tänzer) des Schweriner Theaters dem Publikum am Freitag Abend im Großen Haus. Mit - für eine Ballettaufführung eher ungewöhnlich - viel Szenenapplaus, kräftigen Bravos und langem Beifall am Schluss feierte die Inszenierung des Balletts "Giselle" mit der Musik von Adolphe Adam ihre Premiere.

“Giselle” gilt als eines der klassischen Handlungsballette, uraufgeführt 1841 in Paris, wurde es über Jahrzehnte getanzt nach der Choreografie von Marius Petipa. Erst zum Ende des 20. Jahrhunderts wurden Neudeutungen und Adaptionen gewagt. Auch Choreograph Paul Julius, bis 2006 selbst Tänzer im Schweriner Ensemble, hat für seine erste Inszenierung im Großen Haus des Schweriner Theaters eine eigene Fassung entwickelt und dabei bewiesen, dass Neues sich wunderbar mit Tradition verbinden lässt – sowohl was den Inhalt der Geschichte betrifft als auch dessen tänzerische Umsetzung. In einem klar strukturiertem Umfeld in Schwarz-Weiß (Bühne: Fred Pommerehn/Kostüme: Bettina Lauer) zeigt Paul Julius den ewig alten, immer aktuellen Konflikt einer Dreiecksbeziehung: Albrecht, verheiratet mit Bathilde, hat ein Verhältnis mit Giselle. Augenscheinlich unproblematisch lebt er diese Beziehungen: die Normalität, den Alltag mit der Ehefrau, mit der Geliebten den Rausch, das Fest, wo der (Bühnen-)Himmel voller Blumen hängt. Die verdorren, was wörtlich zu verstehen ist, als die Wahrheit herauskommt. Aus dem Mann mit zwei Frauen wird der Mann zwischen zwei Frauen. Beide kämpfen sie um ihn – Bathilde mit dem Besitzanspruch der Ehefrau, Giselle mit der Vehemenz der Liebe – ein Kampf, den am Schluss alle verlieren.
Das Ballett “Giselle” führt oft im Untertitel das Wort “romantisch”, und die Romantik kommt auch bei der Interpretation von Paul Julius nicht zu kurz. Ebenso wenig die Klassik, seine Choreographie verbindet Spitzentanz mit zeitgenössischen Tanzformen, ist lebhaft, hat ironische Akzente und wird vom Ensemble wunderbar umgesetzt. Die Pliés, Fouttés, Jetés, Promenaden – die Elemente des klassischen Balletts – wirken nicht angestrengt und bei Nao Matsushita als Giselle hat man mitunter das Gefühl, sie würde so leicht schweben wie ihre Tüllröcke. Davina Kramer als Bathilde überzeugt durch ihren kraftvoll-schönen Tanz und Rustam Savrasov als Albrecht begeistert mit seinem Ausdruck, seiner Sicherheit und Stärke in den Sprüngen und Hebungen.
Begleitet wird der Abend von der Mecklenburgischen Staatskapelle, die aber nicht einfach einen Klangteppich für die Tänzer ausbreitet. Unter der Leitung der Ersten Kapellmeisterin Judith Kubitz musiziert das Orchester tanzgerecht, mit Schwung und Melodik.

Karin Gustmann, Ostseezeitung

Nächste Vorstellung am 5. April, 18 Uhr im Großen Haus

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(24.03.2010)

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