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Erfolgreiche Premiere am 24.11. in Antwerpen

Cayetano Sotos Stück M/C ist inspiriert von der Beziehung zwischen Marilyn Monroe, Model, Schauspielerin und Superstar, und dem amerikanischen Schriftsteller Truman Capote. Schauplatz ist das New York der 1950er Jahre.

M/C – Marilyn Monroe und Truman Capote

Capote hat Monroe als Privatperson in den beiden literarischen Portraitskizzen „A beautiful Child“ (Ein schönes Kind) und „Marilyn Monroe“ charakterisiert. „A beautiful Child“ ist ein Essay aus Capotes Sammlung „Music for Chameleons“ und zeichnet eine lebendige Momentaufnahme von Marilyn, wie nur er sie kannte. Die beiden Freunde verbringen einen ganzen Tag zusammen in Manhattan, nachdem sie an der Trauerfeier für die verstorbene Constance Collier, Marilyns Schauspiellehrerin, teilgenommen haben. Capote erzählt von den Unternehmungen an diesem Nachmittag, vom Besuch eines chinesischen Restaurants und von Geheimnissen, die er mit Marilyn teilte. Er entwirft ein eindringliches Bild von der Schauspielerin, aus dem sie als selbstironische und sehr menschliche Persönlichkeit hervortritt. Obwohl die Begegnung bereits 1955 stattfand, wurde der Text aus Capotes Tagebuch erst 1979, lange nach Marilyns Tod, veröffentlicht.
Die Freundschaft zwischen Monroe und Capote fasziniert nicht nur aus menschlicher oder historischer Sicht. Sie entwickelt auch ein künstlerisches Potential, weil Capote die wirkliche Person Marilyn Monroe in eine literarische Figur verwandelt. Marilyn wird zur Inkarnation eines für Capote typischen literarischen Verfahrens. Der aufmerksame Leser seiner Werke wird bemerken, dass ein hervortretendes Merkmal seines Schreibstils eine Technik ist, die man als “Auspressen der Realität” bezeichnen könnte: Capotes besondere Methode, wahre Begebenheiten in die literarische Sphäre zu überführen. In den Porträts von Marilyn Monroe wird dies vor allem an der Vielzahl der Einzelheiten deutlich, mit denen Marilyns Charakter beschrieben wird. In anderen Werken bringt er diese Technik zu wahrer Meisterschaft: zum Beispiel mit der Figur der Holly Golightly, der Hauptperson von „Breakfast at Tiffany’s“ (für dessen Verfilmung er sich Monroe als Hauptdarstellerin gewünscht hätte) und als Höhe-, aber auch Endpunkt in seinem letzten Roman „In Cold Blood“.
Monroe und Capote, beide extreme Persönlichkeiten, standen im Rampenlicht des öffentlichen Interesses. Monroes Leben ging durch Filme, Fotos, Texte und Erinnerungsstücke aller Art in die Fantasie der Menschen ein, die sie auf eine imaginäre Leinwand projizierten. Obwohl Capote sie einmal als „Platin-Sex-Explosion“ beschrieben hat, war er doch in der ungewöhnlichen Lage, sie von einer nicht-sexuellen Perspektive aus wahrzunehmen. M/C thematisiert die platonische Beziehung des homosexuellen Schriftstellers Capote zu dem Sex-Idol Marilyn Monroe. Die Choreographie unterläuft die gewöhnliche Ikonographie der Monroe’schen Interaktion mit dem männlichen Geschlecht und konzentriert sich ganz auf die Freundschaft der beiden Protagonisten. Um die Komplexität und Vielgestaltigkeit der privaten und öffentlichen Personen zu zeigen, werden die Hauptdarsteller multipliziert: Auf der Bühne stehen sechs Marilyns sechs Trumans gegenüber.
M/C versucht nicht, einen vollständigen Abriss der Geschehnisse oder gar der historischen Fakten wiederzugeben. Insofern lehnt sich die Konzeption des Stückes ist an Capotes Umgang mit seinen literarischen Figuren an. Eine außergewöhnliche Freundschaft zweier außergewöhnlicher Menschen wird neu erfunden, indem Momente geschaffen werden, wie Monroe und Capote sie zusammen erlebt haben könnten.
Beide Persönlichkeiten waren sehr exaltiert, beide hatten eine schwierige Kindheit. Daher suchen die nun groß gewordenen Kinder immer nach der nie erlebten Unbeschwertheit der kindlichen Existenz. In M/C sind einige der Pas de Deux spielerisch, voller Charme und Freude, aber gleichzeitig auf ironische Weise manipulativ. Truman und Marilyn genießen die Gesellschaft des anderen, ebenso wie das Partyleben der High Society von Manhattan. Sie tanzen zusammen und er neckt sie, wenn sie – wieder einmal – zu spät kommt. Die Choreographie konzentriert sich auf kleine Vorkommnisse, die charakteristisch für beide sind, und arbeitet mit typischen Gesten, die sie wirklich benutzt haben.
Beide waren abergläubisch, ganz besonders Capote. Er hatte Angst vor gelben Rosen, vor Freitagen, vor zwei Nonnen im Flugzeug und vor vielen anderen Dingen. Aber er glaubte auch an gute Zeichen des Schicksals und glückliche Fügungen. Andererseits wiederum blieb er in lebensbedrohlichen Situationen oft völlig gelassen: Als er einmal bei Filmaufnahmen beinahe von einem herabstürzenden Kronleuchter erschlagen worden wäre, reagierte er ganz ruhig und arbeitete ohne jegliche Unterbrechung einfach weiter.
Weitere Gemeinsamkeiten sind Alkoholsucht, Angst vor dem Alleinsein und Schlafstörungen. Marilyn hatte bereits vier oder fünf Selbstmordversuche hinter sich, bevor sie starb. Capote, der sie mehr als 20 Jahre überlebte, sagte in einem Interview kurz vor seinem Tod: „Ich habe sie eine lange, lange Zeit gekannt. Nichts über Marilyn könnte mich je überraschen.“ Als der Interviewer erwiderte: „Außer ihrem Tod?“, zog Capote gedankenvoll an seiner Zigarette. Nach einer Weile gab er zu: „Ja, das hat mich überrascht.“

Nadja Kadel

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(14.11.2007)

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