Annett Goehre inszeniert und choreographiert in Gelesenkirchen
LAMENTI ÜBER LIEBE UND TOD VON CLAUDIO MONTEVERDI und NEITHER VON MORTON FELDMAN
PREMIERE: 19. DEZEMBER 2009, KIRCHE ST. GEORG
Teil I „Lamenti über Liebe und Tod” von Claudio Monteverdi
„Unsprechbares Zuhause” lautet die letzte Textzeile der Zeitgenössischen Oper „Neither” von Morton Feldman, mit welcher die zum Dreiklang zusammengefasste Oper-Zeit-Reise zum Geburtstag des Großen Hauses in einer kompositorischen Grenzerfahrung der Gegenwart mündet. „Unsprechbares Zuhause” beschreibt fast 400 Jahre nach deren Entstehung zugleich eindringlich die um Liebe und Tod kreisenden Lamenti – Klagegesänge als Charakterstudien – des „Opernerfinders” Claudio Monteverdi. Die Choreografin Annett Goehre und ihr langjähriger Dramaturg Jan Adamiak unternehmen mit Tänzern, Sängern und Instrumentalisten des Ensembles in der Kirche St. Georg zwei ganz unterschiedliche und sich doch bedingende Raum-Zeit-Erfahrungen. Barocke Klagegesänge verwandeln sich in Frauenbilder mit faszinierenden Ecken und Kanten. Das Spiel von Liebe und Krieg in „Il Combattimento di Tancredi e Clorinda”, 1624 eine der ersten, aus einer Erzählung erwachsenden musikalischen Dramen überhaupt, verdichtet ein Trauma zwischen einem Kreuzfahrer und einer Sarazenin. Es entstehen aus der Tradition gelöste, atemberaubend gegenwärtige Klänge, die als Körper-Studien Raum und Zeit neu bestimmen.
Teil II „Neither” von Morton Feldman
Morton Feldman löst sich 1976 in Zusammenarbeit mit Samuel Beckett bewusst von der Vorgabe eines eindeutig formulierten Textes, und sucht in „Neither” („Weder”) nach einem offenen Schwebezustand zwischen Sprache, Musik und Szene. Oder wie es die Worte sagen, mit denen der Gesang in „Neither” beginnt: „hin und her in Schatten von innerem zu äußerem Schatten.” „Unhörbarer Tritte einziger Laut” und „sachte nicht auslöschendes Licht” heißt es in „Neither”, womit die Suche nach der die Oper prägenden Utopie von der Vereinigung zwischen Wort, Ton, Bewegung und Empfindung neu und erneut von vorne beginnt. Die zentral von der Spielstätte bestimmte Probenarbeit führt im zweiten Teil von „Unsprechbares Zuhause” zur Dynamisierung des Raumes. Versinnbildlicht wird dies in Begriffen wie „den Raum einkörpern” und die „Körper ausräumen”. Dies steht für Wechselbeziehung, für Verwandlung, auch für Spiel, Lust und die Entdeckung des eigenen Ichs zwischen Darstellern und Publikum.
(20.11.2009)