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Marco Goecke probt mit dem Scapino Ballet - Uraufführung am 25. Februar 2009 in Rotterdam

"Was ist dein letzter Schritt, bevor die Dunkelheit dich auffrisst?" fragt Marco Goecke eine Tänzerin während der Proben zu seinem neuen Stück SUPERNOVA. In dieser, nur mit drei Tänzerinnen und vier Tänzern besetzten Choreographie gilt sein Interesse dem Entstehen, Sichtbarwerden und Verschwinden von Bewegung und Licht im Mikrokosmos der Bühne.

Eine Supernova ist das helle Aufleuchten eines Sterns, der am Ende seiner Lebenszeit explodiert und sich dabei selbst vernichtet. Die Grenze zwischen dem, was noch da ist, und dem Verschwinden interessiert den Choreographen schon seit Längerem. Das Licht für seine Stücke, das er zusammen mit dem Designer Udo Haberland entwickelt und das fast wie ein Markenzeichen zu Goeckes Arbeiten gehört, dient ihm schon immer als Metapher für die Zone der Unentscheidbarkeit zwischen Sehen und nicht Sehen, Existieren und Verschwinden, was in SUPERNOVA durch sehr langsame fade outs ins Extrem gesteigert wird.

Goecke begnügt sich nie mit dem Vorhandenen. Er sucht das Unsichtbare, die dunkle Seite des Mondes, das Extreme, was nicht nur an den Titeln früherer Arbeiten wie “Alles” oder “Nichts” zu erkennen ist, sondern vor allem an seiner Bewegungssprache. Er sucht immer etwas Neues, will das Unmögliche möglich machen. Er zitiert Einstein, der sagte, das einzig Gute an der Zeit sei, dass nicht alles auf einmal passiere. Doch in Goeckes Händen wird dieser Satz eines Physikers zum Anlass, die Gesetze der Physik außer Kraft zu setzen: “In this scene everything should happen at once. Can you do this thousand times faster, so that it hardly exists in the end because it is so fast”, sagt er zu Chiara Mezzadri, die in unglaublicher Präzision ihr ohnehin schnelles Solo weiter beschleunigt.

Die Scapino-Tänzer, mit Goeckes Arbeitsweise bestens vertraut, sind offen für alle Herausforderungen. In SUPERNOVA spielt der Choreograph, der seine Tänzer so oft mit dem Rücken zum Publikum auftreten lässt, mit weiteren ungewohnten Ansichten. Bereits in seinem letzten Stück für Les Ballets de Monte Carlo hat er ein Solo in die Horizontale gekippt. In SUPERNOVA entwickelt er diese Idee mit verschiedenen Tänzern weiter, zeigt einen Pas de Deux sogar aus zwei verschiedenen Perspektiven.

Wie immer steht die Bewegung im Vordergrund, die Ausstattung ist auf wenige elementare Requisiten reduziert: Salz, Luft und Feuer. Der Tänzer Tadayoshi Kokeguchi hält ein brennendes Streichholz in seiner Hand, das bereits am Verglühen ist. “I love this little bit of life”, sagt Goecke, während er konzentriert das letzte Glimmen dieses kleinen, erlöschenden Sterns betrachtet. So lange, bis es am Ende ganz dunkel ist.

Nadja Kadel

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(25.01.2009)

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