Supernova
Die eindrucksvolle Eingangsszene, in der die Tänzer weiß gleißende Salzfontänen durch die Luft schleudern, spielt auf den Titel an: Eine Supernova ist das helle Aufleuchten eines Sterns, der am Ende seiner Lebenszeit explodiert und sich dabei selbst vernichtet. Die Grenze zwischen dem, was noch da ist, und dem Verschwinden hat den Choreografen immer schon interessiert. Das Licht für seine Stücke, das er zusammen mit dem Designer Udo Haberland entwickelt und das fast wie ein Markenzeichen zu Goeckes Arbeiten gehört, dient ihm als Metapher für die Zone der Ununterscheidbarkeit zwischen Sehen und Nicht-Sehen, Existieren und Verschwinden. Das wird in „Supernova“ durch sehr langsame Fade-Outs ins Extrem gesteigert.
„Was ist dein letzter Schritt, bevor die Dunkelheit dich auffrisst?“ fragt Marco Goecke eine Tänzerin während der Proben zu „Supernova“. In dieser, nur mit drei Tänzerinnen und vier Tänzern besetzten Choreografie gilt sein Interesse dem Entstehen, Sichtbarwerden und Verschwinden von Bewegung und Licht im Mikrokosmos der Bühne. Goecke begnügt sich nie mit dem Vorhandenen. Er sucht das Unsichtbare, die dunkle Seite des Mondes, das Extreme, was nicht nur an den Titeln früherer Arbeiten wie „Alles“ oder „Nichts“ zu erkennen ist, sondern vor allem an seiner Bewegungssprache. Er sucht etwas Neues, will das Unmögliche möglich machen. Er zitiert Einstein, der sagte, das einzig Gute an der Zeit sei, dass nicht alles auf einmal passiere. Doch in Goeckes Händen wird dieser Satz eines Physikers zum Anlass, die Gesetze der Physik außer Kraft zu setzen: „In dieser Szene sollte alles auf einmal passieren. Kannst du diese Bewegung tausend Mal schneller machen, so dass sie am Ende kaum noch existiert, weil sie so schnell ist“, so seine Anweisung in einer Rotterdamer Probe, um ein schon schnelles Solo ohne Verlust der Präzision weiter zu beschleunigen.
Daten
UA: 25. Februar 2009, Scapino Ballet Rotterdam
Weitere Einstudierungen:
30. November 2010, The Project, Tel Aviv
26. August 2011, São Paulo Companhia de Dança
11.02.2017, Ballett Osnabrück